Engagierte Pflegekräfte aus Kolumbien
Im LKH Hochsteiermark geht man neue Wege in der Rekrutierung von dringend benötigtem Pflegepersonal. Man setzt auf die Arbeitskraft von diplomierten Pflegerinnen aus Kolumbien.
Der Fachkräftemangel schlägt mittlerweile in allen Sparten durch. In der Industrie und auch in der Gastronomie setzt man bereits seit längerem Rekrutierungsagenturen ein, die im Ausland nach Fachkräften suchen. Denn darin sind sich alle Experten einig: Ohne geordneten Zuzug wird der Arbeitsmarkt nicht mehr funktionieren.
Jetzt setzt auch die Kages, die steirische Krankenanstalten-Gesellschaft, auf Fachpersonal aus dem Ausland. Über die Agentur "Talent & Care Fachkräfte-Recruitment" ist man auf Kolumbien gestoßen. "Das Ausbildungssystem ist ähnlich wie bei uns, auch die erforderlichen Standards passen gut zu uns", erklärt Natascha Schatz aus der Pflegedirektion des LKH Hochsteiermark.
Bereits im Februar haben drei Pflegerinnen aus Kolumbien im LKH Graz II ihren Dienst aufgenommen. Seit 29. Juli sind sechs diplomierte Pflegerinnen aus Kolumbien in der Steiermark. Vier sind im LKH Hochsteiermark, Standort Bruck im Einsatz, zwei am Standort Leoben. Zu Jahresbeginn sollen zusätzliche vier Fachkräfte aus Kolumbien nachkommen.
Neben dem Fokus auf die sprachliche Festigung sind die neuen Mitarbeiter in den ersten Monaten mit dem Berufsanerkennungsverfahren – dem Nostrifizierungslehrgang – beschäftigt. Bis dahin dürfen sie ihrer Tätigkeit nur „unter Aufsicht“ nachgehen. Ziel ist es, dass sie möglichst bald ihrem Ausbildungsniveau entsprechend, als voll ausgebildete diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger arbeiten können.
Sprachliche Hürde überwinden
Die spanischsprechenden Frauen im Alter zwischen 28 und 40 Jahren haben bereits in Südamerika mit dem Deutschunterricht begonnen, der jetzt vertiefend fortgeführt wird. "Die Sprache ist gerade zu Beginn der Tätigkeit noch die größte Hürde, zu all den anderen kulturellen Unterschieden, die der Alltag und das Berufsleben erst zutage bringen. Aber sowohl die Frauen aus Kolumbien, als auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen sehr engagiert ans Werk, damit die Eingewöhnung möglichst schnell funktioniert", erzählt Natascha Schatz.
Es ist vorerst ein Pilotprojekt. "Wir können der Agentur auch Rückmeldung geben, was verbessert werden soll. Sprachlich sind noch Defizite vorhanden, die man schon im Herkunftsland besser lösen könnte. Daran wird aber bereits gearbeitet", so die Pflegeexpertin. Die Corona-Pandemie hat auch in Kolumbien einiges durcheinander gewirbelt. So mussten die Sprachkurse allesamt über "Distance Learning" abgewickelt werden.
Eine Dauerlösung wird angestrebt
Es ist kein klassisches Gastarbeitsverhältnis. Die Frauen wollen dauerhaft in Österreich arbeiten und leben. Ein Familiennachzug ist geplant. Über die Rot-Weiß-Rot-Karte plus ist das auch ohne große bürokratischen Hürden möglich. Diese Karte berechtigt Drittstaatsangehörige zur befristeten Niederlassung und zum unbeschränkten Arbeitsmarktzugang und ist nicht auf einen bestimmten Arbeitgeber beschränkt.
Die Integration der neuen Mitarbeiterinnen funktioniert am LKH Hochsteiermark vom ersten Tag an. Man geht zusammen einkaufen, lernt Lebensmittel und deren Einsatz in der Küche kennen, man lernt gemeinsam Deutsch und geht gemeinsam Wandern. "Das war uns allen klar, dass dieses Pilotprojekt nur funktionieren kann, wenn sich alle Beteiligten daran beteiligen", so Natascha Schatz. Im ersten Schritt sind die Frauen in den Personalwohnungen der Kages untergebracht, Schritt für Schritt – vor allem wenn später die Familie nachkommt – werden sie eigene Wohnungen beziehen.
Darin sind sich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im LKH Hochsteiermark einig: Die kolumbianischen Mitarbeiterinnen bereichern die Teams durch ihre Motivation, Lebenseinstellung und Liebe zum Beruf enorm.
Pflege- und Krankhauspersonal aus dem Ausland hat es in Österreich immer schon gegeben. Egal ob aus Tschechien, Rumänien oder Bosnien – später aus den Philippinen. Gewisse Pflegebereiche wie etwa die 24-Stunden-Pflege wären ohne Pflegekräfte aus dem Osten gar nicht aufrechtzuhalten.
Ein aufpoliertes Berufsbild
Der Pflegeberuf ist auch ein wenig in Misskredit geraten. Dabei ist es ein erfüllender Beruf, Dienst am Menschen zu leisten wäre an sich schon "unbezahlbar". Die Ausbildungswege für die anspruchsvollen und breit gefächerten Aufgaben in einem der vielen Pflege- und Betreuungsberufe sind vielfältig und reichen von der einjährigen Ausbildung zur Pflegeassistenz, der zweijährigen Ausbildung zur Pflegefachassistenz, der Ausbildung zur Ordinationsassistenz bis zu der Fachausbildung für den Gehobenen Dienst als diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger an einer Gesundheits- und Krankenpflegeschule oder der Fachhochschule.
Quelle: meinbezirk.at / Markus Hackl